Brauerei Waldschlössli

Oberwil – ein Bierdorf? Wer hätte gedacht, dass in Oberwil einst bis zu 6‘000 Hektoliter Bier pro Jahr produziert und dieses sogar in Basel im „Restaurant Bierhalle Oberwil“ ausgeschenkt wurde? In einem Dorf, in dem 1‘700 Menschen lebten und es über 10 florierende Beizen gab. Doch die Brauerei Oberwil an der Kreuzstrasse hat eine wechselvolle Geschichte und gab einem ganzen Dorfteil seinen Namen: das Brauereiquartier.

2015 wurde die Brauereigenossenschaft Oberwil Waldschlössli wieder ins Leben gerufen.

Zur Homepage der Oberwiler Brauerei gelangen Sie hier.

Foto: Fabienne Studer

1833 gründeten die Gebrüder Laub eine Brauerei in Oberwil. Das Gebäude der Brauerei brannte vollständig ab und muss wieder aufgebaut werden. 1881 wurde an der Birsstrasse 4 in Basel das neue Restaurant „Bierhalle Oberwil“ eröffnet. Später wurde die Wirtschaft in „Restaurant Oberwilerhalle“ und dann „Restaurant Baselbieter“ umbenannt. Ab 1883 wurde die Brauerei Oberwil von den Gebrüdern Thoma unter dem neuen Namen „Feldschlössli“ weitergeführt. Im Braujahr 1899 wurden rund 6’000 Hektoliter Bier ausgeliefert. Am 10. Januar 1901 eröffnete die Aktiengesellschaft „Brauerei Oberwil“ bereits den Konkurs. Die erste Gläubigerversammlung fand am Montag, 21. Januar 1901 im Restaurant Schwanen statt. Die Aktiengesellschaft wurde sodann im Handelsregister gestrichen. Im Februar des gleichen Jahres wurde die Konkursmasse, zwei Pferde, gegen bar versteigert.

Brauerei Waldschlössli, 1903

Karl Glenck-Biedert benennt 1903 die Oberwiler Brauerei in „Brauerei Waldschössli“ um.

Hopfen und Malz, Gott erhalt’s“ steht auf dem Fass zwischen zwei Brausternen.

Foto: Archiv Pascal Ryf

Davidstern oder Brauerstern?

Der sechszackige Stern gleicht dem Symbol des Judentums, ist aber das Wahrzeichen der Brauer und Zeichen der Alchemie. Die beiden ineinandergesteckten Dreiecke symbolisieren die am Brauen beteiligten Naturelemente Feuer, Wasser und Luft sowie die im Mittelalter bekannten Zutaten Wasser, Malz und Hopfen.

Nach einem Brand und spektakulären Strafprozess übernahmen im Juli 1901 die Eheleute Elise und Karl Glenck-Biedert von Aarau die Brauerei. Sie liessen sie unter dem Firmennamen „Brauerei Feldschlössli Oberwil“ als Kommanditgesellschaft eintragen. 1903 wurde die Brauerei in „Waldschlössli“ umbenannt und bereits wieder verkauft. Die öffentliche Versteigerung wurde wiederum im Restaurant Schwanen durchgeführt, zum Erwerb angeboten wurden: „Brauerei-Gebäulichkeiten mit Maschinenhaus, Eiskeller, Stallung, Schopf und freistehendem Wohnhaus, 120a umliegendes Acker- und Mattland“. In den Verkauf gehen mit die gesamten Einrichtungen, Maschinen, Lager- und Transportfässer etc., sowie der Viehbestand.“ Im November 1903 übernahmen Fritz Schleech aus Cresbach, Württemberg, Josef Grellinger, Emil Hügin, Anton Hügin, Paul Laub, Theophil Zumthor die Brauerei und liessen sie im Handelsregister unter dem Namen „Brauerei Waldschlössli Oberwil Fritz Schleech & Cie.“ als Kollektivgesellschaft eintragen. Fritz Schleech ist zu dieser Zeit auch Besitzer des Restaurant Jägerstübli am Bahnhof der Birsigtalbahn in Oberwil, Josef Grellinger Eigentümer des Restaurant Bahnhöfli und Paul Laub Inhaber des „Glaspalastes“.

Original – Bügelflasche der Brauerei Oberwil, 2012

Foto: Pascal Ryf

Im November 1905 erlosch die zwei Jahre zuvor gegründete Kollektivgesellschaft bereits wieder, die Aktiven und Passiven gingen an die „Brauereigenossenschaft Walschlössli“ Oberwil über. Die Genossenschaft führte in ihren Statuten ihre Zwecke auf: „die Übernahme der Aktiven und Passiven der Kollektivgesellschaft „Brauerei Waldschlössli Oberwil Fritz Schleech& Cie.“ sowie deren Kunden, denen durch den Beitritt zur Genossenschaft die Beteiligung am Ertrage des Geschäfts nach Massgabe der Statuten zugesichert werden soll. (…) Die Dauer der Genossenschaft ist unbestimmt. Jede Person, welche in bürgerlichen Ehren und Rechten steht und verpflichtungsfähig ist, kann Mitglied der Genossenschaft werden. Die Annahme hat schriftlich beim Vorstand zu geschehen, welcher über die Aufnahme beschliesst.

1907 erwarb die Brauereigenossenschaft Waldschlössli die Liegenschaft in der Haltingerstrasse 11 in Basel, 2 Jahre später wurde Emil Oser-Hügin als Nachfolger für den zurücktretenden Anton Hügin-Degen als Mitglied der Direktion gewählt. Bereits am 18. November 1915 löste sich, in Mitten des Ersten Weltkrieges, die Genossenschaft infolge Konkurs auf.

Das Gebäude wurde nach dem Konkurs der Brauerei vom Allgemeinen Consumverein (ACV) übernommen. Gemäss Brandlagerbuch gehörten zur Liegenschaft eine Brennerei, ein Gährraum, ein Gährkeller, ein Eiskeller mit Isoliermauern, ein Flaschenkeller, Magazine, ein Maschinenraum, Lagerräume, ein Kohleraum, ein Warenkeller und im Obergeschoss Wohnräume. Der ACV liess hier ein grosses Zentrallager einrichten, später betrieb der ACV in diesem Gebäude eine Bäckerei sowie einen Konsum. Neben dem Konsum Unterdorf und Konsum Oberdorf war dieser Laden im Brauereiquartier das dritte ACV Verkaufslokal in Oberwil für Lebensmittel.

Nach dem Konkurs der Brauerei Waldschlössli, übernahm der Allgemeine Consumverein ACV das Gebäude

Foto: Archiv Coop Basel

ACV Bäckerei im Gebäude der ehemaligen Brauerei

Foto: Archiv Einwohnergemeinde Oberwil

Nach der Schliessung der Bäckerei befand sich eine Gerberei sowie eine Jutesack-Fabrik im Gebäude, bevor das Haus in einen immer desolateren Zustand verfiel. 1988 übernahm der Kanton die Liegenschaft, in den ehemaligen Wohnungen im zweiten Stock der Brauerei wurden Sozialwohnungen eingerichtet. 1997 fiel das Gebäude der altehrwürdigen Brauerei der Spitzhacke zum Opfer und schaffte Platz für einen neuen Wohnblock.

Das Gebäude der ehemaligen Brauerei Waldschlössli, 1997 

Foto: Pascal Ryf

Hier stand einst die Brauerei, Bottminger-/Therwilerstrasse, 2012

Foto: Pascal Ryf

Das Innere des Gebäudes kurz vor dem Abriss

Foto: Archiv Einwohnergemeinde Oberwil

Hinterhof der ehemaligen Brauerei und Sackfabrik

Blick in den Hinterhof der alten Brauerei vom Hallenrain aus. Oft sind wir als Kinder in die geheimnisvolle Sackfabrik eingedrungen und haben eine Entdeckungsreise durch das mit Sickerwasser überflutete Gebäude gemacht. Zeitweise lebte hier auch eine Familie in einer bescheidenen Wohnung.

Foto: Archiv Einwohnergemeinde Oberwil

Wo der Hinterhof war, steht heute ein Wohnblock, 2012 

Foto: Pascal Ryf

Verbindungsweg Hallenrain – Therwilerstrasse, links Brauerei, 1990

Foto: Archiv Einwohnergemeinde Oberwil

Heute Einfahrt Tiefgarage Liegenschaften Therwilerstrasse 1, 2012

Foto: Pascal Ryf

 

 

 

Rund 100 Jahre nach dem Konkurs der „Brauereigenossenschaft Waldschössli Oberwil“, liessen im Dezember 2015 zwölf Kolleginnen und Kollegen den Namen der Brauerei wieder ins Handelsregister eintragen. Die Gründungsversammlung fand im „Schnäggechäller“ des „Bürgerhus Ochsen“ statt. Ziel ist die Pflege und Erhaltung der alten Oberwiler Biertradition. Erfahren Sie mehr auf der Homepage der Brauereigenossenschaft Oberwil Waldschlössli.

Das Amber „Birlibänz“ der neu gegründeten Brauereigenossenschaft Oberwil Waldschlössli

Beitrag im Birsigtalbote (BiBo) vom Donnerstag, 30. Juni 2016

 

Davidstern oder Brauerstern

Der sechszackige Stern gleicht dem Symbol des Judentums und ist Wahrzeichen der Brauer sowie Zeichen der Alchemie. Die beiden ineinandergesteckten Dreiecke symbolisieren die am Brauen beteiligten Naturelemente Feuer, Wasser und Luft sowie die im Mittelalter bekannten Zutaten Wasser, Malz und Hopfen.

Etikette der 2015 wiedergegründeten „Braureigenossenschaft Oberwil Waldschlössli“