Restaurant Jägerstübli

Bei der Realisierung der Birsigtalbahn 1887 war die östliche Seite des Bahntrassees noch völlig unverbaut. Das Land, auf welchem wahrscheinlich 1911 die Liegenschaft Bahnhofstrasse 11 zu stehen kam, gehörte damals Emil Thürkauf (siehe Abb. 135). Die Parzelle wurde aber bereits um die Jahrhundertwende verbaut, so existiert zum Beispiel ein Baugesuch von „Fritz Schleech-Nusskern betreffend Pissoir- und Abortanlage“ auf Parzelle 58, welches die Baudirektion des Kantons Basel-Landschaft im Dezember 1909 bewilligte. Das heute noch stehende Gebäude könnte ein Nachfolgerbau sein. Das Restaurant Jägerstübli ist wie das gegenüberliegende Restaurant Bahnhof im Zusammenhang mit der Birsigtalbahn entstanden. Die Station in Richtung Basel befand sich früher vor dem Restaurant Jägerstübli.

1921 kaufte Josef Graber-Schneider, Landwirt, die Liegenschaft von Fritz Kunz-Degen für CHF 36’000. Im darauffolgenden Jahr ging Josef Graber mit der Basellandschaftlichen Kantonalbank eine Bürgschaftsverpflichtung ein. Als solidarische Bürger werden u.a. Paul Laub-Düblin, Schmied, Oberwil und Theophil Zumthor-Bolliger, Verwalter, Oberwil aufgeführt. Paul Laub war Schmied auf dem Glaspalast (siehe Abb. 242). In der Grundpfandverschreibung wird das „zum Wirtschaftsbetriebe nötige und vorhandene Inventar“ aufgeführt: „4 eiserne Gartentische, 16 eiserne Gartenstühle, 3 viereckige Wirtschaftstische, 1 runder Wirtschaftstisch, 18 Wirtschaftsstühle, 1 Schwarzwälderuhr defekt, 12 Geweihe, 9 Weingläser mit Fuss, 23 Schnapsgläser (…), 1 Weinfass 460 Liter, 2 Weinlager, 3 Zündholzsteine. Der Schuldner verpflichtet sich dieses Zugehör fortgesetzt in gleicher Zahl, Art und Qualität zu erhalten, abgehendes sofort durch Neuanschaffungen zu ersetzten.“

1923 erhielt Josef Graber-Schneider eine Baubewilligung für einen Küchenanbau. Schon damals verlangte die Baudirektion eine Bearbeitungsgebühr von CHF 10.00. Bereits ein Jahr später wird Theodor Graber (1889 – 1950) als Besitzer aufgeführt, der im selben Jahr Marie Knupp (1897-1970) aus Grossdietwil (Luzern) verehelichte. Zusammen hatten sie zwei Kinder, Theodor und Edith. Im „Einschätzungsprotokoll für den Eigentümer“ wird aufgelistet, was zur Liegenschaft gehörte: „1 Keller, 1 Wirtschaftslokal, 2 Zimmer, 1 Küche, 1 Dachzimmer, 2 Kammern, 1 Eingang mit Balkon, Terrasse nördlich (Stein und Eisen), Aborte und Pissoir, Gartenwirtschaft mit Pergola in Eisen“.

Noch während der Wirtschaftskrise erhielt er eine Baubewillung für „einen Aufbau auf bestehendes Gebäude an der Bahnhofstrasse“. 1929 wurde die Liegenschaft von der kantonalen Katasterschätzungskommission auf rund CHF 42’000.00 bewertet.

Spannend ist die Auswahl der Ehegatten der beiden Kinder von Theodor und Marie Graber-Knupp: während Edith Graber den aus Reinach stammenden Franz Feigenwinter heiratete, so verehelichte sich ihr Bruder Theodor Graber mit Helena Feigenwinter, der Schwester von Franz.

Nach den Tod von Theodor Graber-Knupp, übernahm seine Frau Marie die Führung des Restaurants. Durch die Finanzdirektion des Kantons Basel-Landschaft wurde ihr „auf Antrag der Prüfungskommission den Fähigkeits-Ausweis zur Führung eines Gastwirtschaftsbetriebes mit Alkoholausschank im Kanton Basel-Landschaft nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften“ ausgestellt. 1961 musste Familie Graber 16,5 m2 à CHF 36.85 Land als Beitrag an die Korrektion des Bahnhofplatzes abtreten. 1970 erfolgte ein WC- und Waschküchenanbau auf der Rückseite des Gebäudes. Nach dem Tod der Mutter und einer Erbteilung, war Edith Feigenwinter-Graber ab 1972 Alleineigentümerin des Restaurants, bis 1984 die Liegenschaft verkauft wurde.

Seit dem Jahr 2000 führt Marcel Rohrer das Restaurant „Jägerstübli“ unter dem Namen „Schickeria“ erfolgreich weiter.

Oberwiler Totentafel, 1950

In der Nacht vom Montag auf den Dienstag ist in seinem Heim der allseitig beliebte und geachtete Gastwirt zum „Jägerstübli“, Theodor Graber-Knupp einem Herzschlage erlegen. In ihm verliert die Gemeinde einen ihrer letzten, alteingesessenen, mit Liebe und Umsicht ihren Beruf ausübenden Gastwirte. Aber nicht nur die Gäste werden in Zukunft im Restaurant den Gastwirt vergeblich suchen, auch der Männerchor wird seine schöne Bassstimme vermissen. Neben der Freude am Schiesswesen widmete Theo Graber seine Zeit mit Hingabe der Ornithologie. Was alle an dem Verstorbenen am meisten schätzten, war sein senkrechter Charakter als Bürger und Katholik. Nicht umsonst ist das „Jägerstübli“ das Vertrauenshaus von der katholischen Volkspartei. Nachdem ihm schon jahrelang ein Herzleiden zu schaffen machte, wurde er am Dienstag im 61. Lebensjahr im Schlafe vom Tode überrascht. Er hinterlässt Frau und zwei erwachsene Kinder. Auf dem letzten Gang zum Friedhof begleiteten ihn die trauerumflorten Fahnen von Männerchor, Feldschützenverein, des Luzernervereins Basel und des Radfahrerclubs, dessen Ehrenmitglied der Verstorbene war und eine grosse Trauergemeinde. Den Hinterbliebenen unser Beileid.“