Restaurant zum Schlüssel

Das Gebäude der Wirtschaft „zum Schlüssel“ wurde gemäss den Akten der basellandschaftlichen Brandversicherung im Jahre 1749 gebaut. Seit 1892 ist das typische Dreisässenhaus eine Schenkwirtschaft. Der sekundäre Vielzweckbau war ursprünglich in eine Wohnung, einen Stall und eine Scheune unterteilt. Ein Krüppelwalmdach in traufständiger Lage zur Strasse bedeckt das Gebäude. Im Türsturz ist die Jahreszahl 1850 eingemeisselt, wer der erste Besitzer mit den Initialen J JV war, ist nicht bekannt. Der erste bekannte Eigentümer war Landwirt Martin Wehrlin, der 1889 die aus Schlierbach stammende Maria Anna Gerum heiratete. Ihrer Ehe entstammten die drei Kinder Justine, Martha und Alfred. Es war Martin Wehrlin, der sich Schenkwirtschaftspatent erwarb. Im Jahre 1896 taucht erstmals der Name „zum Schlüssel“ auf.

Nach dem frühen Tod von Martin Wehrlin, heiratet die Wittfrau 1904 den im Schwanen tätigen Bäcker Wilhem Chavoen. Sie überredete ihn eine eigene Bäckerei zu eröffnen, obwohl er lieber den landwirtschaftlichen Betrieb übernommen hätte. Alfred Wehrlin wurde von seinem Stiefvater zu harter Arbeit angehalten. Trotzdem konnte er sich für den Bäckerberuf begeistern, erwarb ein Handelsdiplom und arbeitete eine Zeitlang in einer Weinhandlung im Elsass.

Nach dem Tod von Wilhelm Chavoen, führte Mutter Maria den Betrieb einige Jahre weiter, bis sie 1914 verstarb. Alfred Wehrlin musste nun die Wirtschaft sowie die Bäckerei übernehmen. Sein Holzofen-Roggenbrot war bald weitherum bekannt und sogar am Sonntag kamen die Städter, um es bei ihm zu kaufen. 1921 heiratete er Rosa Iselin aus Muttenz. Unter diesen Eheleuten brach das Goldene Zeitalter des Schlüssel an. Nachdem lange Zeit das „Basler Löwenbräu“ ausgeschenkt wurde, liess Alfred Wehrlin Eberl-Bräu aus München in Rugeli ausschenken. 1923 ging er auf Warteckbier über.

Der Schlüssel wurde zum Treffpunkt der Lehrer im Dorf, weswegen es das „Schulmeistercasino“ genannt wurde im Gegensatz zum Buurecasino, dem Restaurant Schützengarten. Da Alfred von 1933-1938 Kirchenrat war, waren auch immer wieder kirchliche Nobilitäten oder die Mitglieder des Kirchenchors im Gasthaus anzutreffen. Ein Dorforiginal, „dr Narrehans“ genannt, verlieh dem Schlüssel bald den Spottnamen „die schwarzi Grotte“.

Das Wirtepaar war eines der ersten im Dorf, welches ein Auto besass, das vielfach als Ambulanz für die hochschwangeren Kundinnen diente. Alfred Wehrlin führte auch als erster in einem öffentlichen Lokal Oberwils das Radio ein. Erstaunlich ist, dass die Bäckerei jeden Tag, auch sonntags, bis 22 Uhr offen hatte.

1938, mit erst 41 Jahren, starb Albert Wehrlin kinderlos. Im selben Jahr übernahm Joseph Degen-Rohrer die Wirtschaft in Pacht, 1944 kaufte Paul Friedlin-Anderegg die Liegenschaft von den Erben des Alfred Wehrlin. Er liess die Scheune 1964 zu einem Laden umbauen. Das Wirtschaftspatent übernahm bereits 1952 Giovanni Torri-Frey und 1965 ging der Schlüssel an Walter Leibundgut-Müller über.

Weil 1967 die Hauptstrasse verbreitert wurde, mussten die Gartenwirtschaft und die schönen Kastanienbäume verschwinden. 1980 übernahm Kurt Thüring-Gubler den Schlüssel und liess ihn renovieren.

Nach einem gründlichen Umbau eröffnete im Jahre 2003 das Restaurant Viva! seine Tore. Auch wurde wiederum ein Verkaufsraum für eine Bäckerei realisiert. Seit anfangs Mai 2014 führt das Wirtepaar der ehemaligen Säge in Flüh, Sandra Marugg Suter und Felix Suter, das Restaurant wieder unter dem altehrwürdigen Namen Schlüssel. Im Frühjahr 2016 wurden im Rahmen von „Swiss Taste of Switzerland“ die Menus vom Schüssel sogar in der First und Business Class der Swiss auf Interkontinental-Flügen serviert.

Der gestohlene Klöppel

Im Jahre 1938 wurde im Glockenturm der Katholischen Kirche festgestellt, dass eine Glocke einen Riss aufwies. Zwei Jahre darauf konnte am 11. November eine neue Glocke eingeweiht werden. Am Vorabend begab sich ein bekannter Stammgast ins Restaurant Schlüssel und verkündete lauthals, er müsse den Glockenköppel bewachen, dieser könnte ja gestohlen werden. So machte er sich auf den Weg und stand Wache auf dem Friedhof, der damals noch bei der Kirche war. Um Mitternacht erschien ihm ein Gast in einem weissen Leinentuch und erschreckte ihn dermassen, dass er Reissaus nahm und floh. Der Klöppel wurde tatsächlich gestohlen und konnte erst am übernächsten Tag in der Nähe gefunden werden. Im Dorf hielt sich hartnäckig das Gerücht, der Geist wäre der Schlüsselwirt gewesen.

Rössliriti beim Restaurant Schwanen

Es war um 1906, als auf dem Platz vor dem Schlüssel eine Rössliriti zu bestaunen war. Die herrlichen weissen Pferde, die aufgebäumt mit wallenden Mähnen und feurigen Augen sich drehten, die roten Sättel mit wunderschönen Steigbügeln zogen mich ganz in ihren Bann. Die ganze Aufmachung der Karussells mit dem Bilderkranz oben, den goldenen Stangen an denen die Pferde befestigt waren, die herrlichen, samtbeschlagenen Schaukeln und der Zauberkasten aus dem die schönsten Melodien tönten, das war einfach himmlisch. Und als mich der Mann, der das Geld einsammelte, mich auf ein solches Pferd setzte, war es reine Seligkeit. Verzaubert sass ich auf diesem Himmelsross, es drehte sich. Das ganze Dorf fing an zu drehen, ich sah immer wieder den Vater, die Mutter Pauline und andere, die ich kannte. Das Schweben und Fliegen mit diesem herrlichen Ross war einfach unbeschreiblich. Als dann die erste Tour fertig war und Mutter mich vom Ross heben wollte, klammerte ich mich so fest und weinte so herzerweichend, dass man mich die nächste Fahrt auch machen liess. Und als man mich dann nun doch herunterholen wollte, wollte ich nicht. Wie ich es gemacht habe, weiss ich nicht mehr. Meine Mutter gab dem Mann 50 cts (eine Fahrt kostete 2 Rp) und ich durfte den ganzen Nachmittag auf meinem geliebten Reitpferd bleiben. Auch als ich die Hosen nass machte, stieg ich nicht herunter. Erst als es dunkel wurde und ich müde, verliess ich dieses Paradies, oder besser konnte man mich herunter holen.“

Jacques Düblin (1901 – 1978)