Bauernhof der Familie Häring

Am Rande des Postplatzes an der Hauptstrasse 1 wohnte Familie Häring-Gisi. Der Bauernhof stand direkt am Postplatz zwischen der Bottmingerstrasse und der Hauptstrasse. Die Familie hielt Kühe und betrieb einen Milchwirtschaftsbetrieb. Paul Ryf erinnert sich, wie er als Junge mit dem „Märtwägeli“ die Milchkannen abholen und in die Milchi in der Bahnhofstrasse bringen musste. Nicht nur einmal ist ihm eine schwere Milchkanne vom Wagen gefallen, weil er zu schnell in die Kurve vom ACV Stoffladen rannte. Wie viele Bauernfamilien backten auch die Härings ihr eigenes „Buurebrot“. Als im Hof in den 50er Jahren ein neuer Ofen eingebaut wurde, war das Holz im oberen Stock zu nahe am neuen Kamin und fing Feuer. Ein Grossbrand zerstörte einen grossen Teil der Liegenschaft.

Der Hof der Familie Martin Häring an der Hauptstrasse gegenüber dem Ryf-Seiler-Haus (A Ry)

Martin Häring, mit Dorfnamen „Hauter Marti“, war Gemeinderat, spielte Bass und war ein aktiver Musiker und Fasnächtler. Er fuhr auch den Totenwagen. Wenn jemand starb, kam der Schreiner ins Trauerhaus und nahm am Toten Mass für die Herstellung des Sarges. Die Toten blieben so bis zur Beerdigung bei der Trauerfamilie. Martin Häring transportierte den Sarg mit Ross und Wagen zum Friedhof, der damals noch bei der katholischen Kirche lag. Die Angehörigen und Freunde begleiteten den Totenwagen in einem langen Trauerzug und erwiesen dem Verstorbenen so die letzte Ehre.

Bauernhaus Martin Häring (Hauter Marti) vom Postplatz aus betrachtet (Bö)

Bauernhaus Hauter Marti kurz vor dem Abriss (Ma)

Der jüngste Sohn Walter Häring baute sich eine neue Bleibe an der Hafenrainstrasse, der Bauernhof an der Hauptstrasse war durch die Kulturlandverluste und dem starken Wachstum im Dorfzentrum funktionsunfähig geworden. Walter kaufte sich einen Lastwagen und transportierte damit Aushub und Bauschutt. Das Gefährt stellte er im ehemaligen Bauernhof ein. In Folge des Richtplans 1964 musste der Hof dem Ausbau der Hauptstrasse und des Postplatzes weichen. 1969 wurde er abgerissen. Die Parzelle zwischen Haupt- und Bottmingerstrasse wurde zusammen mit der brach liegenden Fläche des ehemaligen Grölihofes als Parkplatz mit Altpapier- und Altglascontainern genutzt. Anstelle des Bauernhofes der Familie Häring entstand ein WC Häuschen und eine Unterführung zur Allschwiler- und Binningerstrasse und ermöglichte somit ein ungefährliches Wechseln der Strassenseite.

Der Bauernhof musste dem Ausbau der Hauptstrasse 1968/69 durchs Dorf weichen (A Fl)

 

Unglück und Not vergangener Zeiten

Oberwil als Grenzgemeinde sah innerhalb seiner Gemarkungen im Laufe der Jahrhunderte viel Not, Elend und Unglück. Vom Elsass, vom Badischen und von der Schweiz her streiften immer wieder die Landstreicher, Bettler und Armen etc. in die ungeschützten Gebiete des Fürstbistums, um zu betteln. Nachts schlichen sie in die Scheunen, um zu übernachten und wurden oft zur wahren Landplage. Nicht wenige fanden auf dem Oberwiler Friedhof ihr letztes, stilles Plätzchen. Zahlreiche Frauen kamen auch in Oberwil nieder, wo ihre meist ausserehelichen Kinder in der Kirche getauft wurden. Im Kirchenbuch finden wir die tragische Geschichte einer armen Frau: Am 25. September 1747 starb in der Scheune des Martin Häring, genannt „Hauter“, eine unbekannte Frau, völlig verarmt und entstellt. Aus verschiedenen Anzeichen ergab sich, dass sie katholisch war und daher wurde sie „rite catholico“ begraben.

Aus vergilbten Kirchenbüchern (Abdruck im Festführer zum Rössli Fest 1978)